Eine Ausstellung mit: Shiva Ahmadi, Shoja Azari, Wim Delvoye, Azin Feizabadi, Ramin Haerizadeh, Rokni Haerizadeh, Anahita Razmi, Neda Saeedi, Ingeborg zu Schleswig-Holstein, Setareh Shahbazi und Robert Wilson.
Kuratiert von Anahita von Plotho
Die Künstler teilen gemeinsame Wurzeln oder gemeinsame Interessen und haben doch einen anderen Blick auf den Iran. Inwiefern unterscheidet sich die Perspektive von Künstler im Iran, iranischen Künstler im Exil und Künstlern, die sich mit dem Iran beschäftigen? Warum ist die Frage des geographischen Standpunkts für die Arbeit von Künstlern relevant – oder vielleicht doch nicht?
BOX Freiraum freut sich, die Ausstellung „A Heritage Transposed” mit zeitgenössischen Positionen zum Iran zu zeigen. Ein umfangreiches Rahmenprogramm aus Lesungen, Künstlergesprächen und Diskussionsveranstaltungen wird die Themen der Ausstellung gezielt vertiefen. Zur Eröffnung am 13. Dezember 2016 findet eine Podiumsdiskussion mit Natalie Amiri, Alireza Labeshka, Setareh Shahbazi und weiteren Teilnehmern statt.
Irans reiche Kultur war schon immer eine Inspirationsquelle für Künstlerinnen und Künstler. Althergebrachte Traditionen, tiefgreifende gesellschaftliche und politische Veränderungen wie die Islamische Revolution oder der Iran-Irak Krieg, zuletzt die beginnende Öffnung zur westlichen Welt und die Emanzipation der Frauen bis zur Dynamik der Großstadt Teheran inspirieren bis heute nicht nur Künstlerinnen und Künstler vor Ort. Die Meinungsfreiheit und künstlerische Freiräume im Iran wachsen und wie weit reichen die neuen Freiheiten tatsächlich?
Die Ausstellung vereint Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler, die zum Teil aus dem Iran stammen und in Berlin studieren, mit Werken international etablierter Künstler, deren Werke in renommierten öffentlichen wie privaten Sammlungen vertreten sind. Sie vereint die Authentizität ihrer Arbeiten, die Diversität der Biographien und Interessen, die Kompatibilität der Ästhetik sowie eine intensive Beschäftigung mit persönlichen, kulturellen, politischen und historischen Themen.
Setareh Shahbazi verarbeitet in ihren Foto-Montagen Erinnerungen an ihre Kindheit, die von den politischen Entwicklungen des Irans überlagert wurde. Anahita Razmi greift in ihren Arbeiten Aspekte der iranischen Kultur mit großem Humor auf, während Shoja Azari und Shiva Ahmadi in ihren Videoanimationen den Iran-Irak Krieg und die Vermischung von Religion und Politik thematisieren. Dabei kommt die gesamte Bandbreite künstlerischer Formensprachen und Medien zum Ausdruck: Von narrativen Werken bis hin zu abstrakten Bildern, von Malerei und Zeichnung über Fotografie und Video-Arbeiten bis zu Skulpturen und Installationen reicht das Spektrum.
Kuratiert wird die Ausstellung von der Deutsch-Iranerin Anahita von Plotho, die seit 2012 in München lebt und arbeitet. Neben ihrer Tätigkeit als Kuratorin engagiert sie sich ehrenamtlich als Mitglied im Beirat des Kunstverein Münchens. Anahita von Plotho war von 2008 bis 2012 die Direktorin der Leila Heller Gallery in New York. Außerdem sammelte sie Erfahrungen bei Galerie Daniel Blau und World Guide.
TEILNEHMENDE KÜNSTLER
Shiva Ahmadi, geboren am 1975 in Teheran, aufgewachsen im Iran, lebt und arbeitet heute in Davis, Kalifornien. Ihr Werk ist stark geprägt von den Erfahrungen aus dem Iran-Irak Krieg. Sie setzt sich mit der Vermischung von Religion und Politik auseinander und zelebriert die raue Schönheit und den Tumult des Nahen Ostens in ihren Arbeiten. Im BOX Freiraum wird ihre Videoanimation „Lotus“ (2014) gezeigt, eine sich wandelnde Kriegslandschaft, deren Ikonographie stark im Kontrast zur ornamentalen Formensprache steht. Ahmadi hatte ihre erste Museumseinzelausstellung 2014 in der Asia Society, New York. Ihre Arbeiten befinden sich in den permanenten Sammlungen diverser Museen, wie beispielsweise dem Metropolitan Museum, New York, dem Museum of Contemporary Art (MOCA), Los Angeles und dem Detroit Institute of Arts, Detroit.
Shoja Azari, geboren 1958 in Shiraz, aufgewachsen im Iran, lebt und arbeitet in New York. Azari konfrontiert in seinen Arbeiten eine Bandbreite von Themen wie Geschlecht, Politik und Religiosität. Er kollaboriert regelmässig mit Shirin Neshat an Film- und Videoprojekten und hat zusammen mit ihr 2009 den Silver Lion für „Best Director“ des Venedig Filmfestivals gewonnen. Im BOX Freiraum wird sein Werk „The Day of the last Judgement“ (2009) gezeigt, eine Videocollage die auf dem berühmten Kaffeehausbild von Mohammad Modabber's „The Day of the Last Judgment“ (1897) basiert und einen faszinierenden Einblick in die letzten 40 Jahre Politik des Mittleren Osten gewährt.
Wim Delvoye, geboren 1965 in Wervik (Belgien), lebt und arbeitet in Gand (Belgien) und in Kashan (Iran). Der Fokus des Konzeptkünstlers liegt in der Darstellung ästhetischer Gegensätze, in der er oftmals Traditionelles mit Alltagsgegenständen vereint und somit gängige Wertesysteme der Konsumgesellschaft hinterfragt. Delvoye’s Faszination für die Kulturen des Mittleren Ostens besteht seit einigen Jahrzenten. Er renoviert derzeit mehrere Gebäudein Kashan, in denen er Ausstellungen zeigen will. Im Box Freiraum wird Delvoye’s Skulptur „Rimowa Classic Flight Multiwheel“ (2014) gezeigt, ein Metallkoffer, geprägt mit traditioneller persischer Ornamentierung. Delvoye hatte bereits viele Einzelausstellungen in internationalen Museen wie dem Centre Pompidou, Paris, dem Louvre, Paris und der Peggy Guggenheim Collection, Venedig. Seine Werke wurden auf der Venedig Biennale, der Documenta IX und Shanghai Biennale gezeigt.
Azin Feizabadi, geboren 1982 in Teheran, lebt und arbeitet in Berlin. Die Werke deser Künstlers und Filmmacher Feizabadi haben starke autobiographische Bezüge. Zwischen 1990 und 1993 lebte er als Asylsuchender in Paris und Dortmund. Nach Rückkehr in den Iran emigrierte er 1998 nach Deutschland, wo er vielfältige Kulturprojekte mit Jugendlichen in Kreuzberg organisierte bevor es sein Kunststudium an der UDK begann. Derzeit ist er Forschungsstipendiat an der UDK. Seine Installation „Enqelab“ (2012-2013) besteht aus einer Nachbildung eines Stuhls aus dem ehemaligen Plenarsaals im Baharestan Parlamentsgebäude, das er auseinandernahm um aus dessen Einzelteilen das Wort „Enghelab“ (Revolution) zu schreiben.
Ramin Haerizadeh, geboren 1975 in Teheran, lebt und arbeitet in Dubai. Haerizadeh arbeitet sowohl alleine als auch zusammen mit seinem Bruder Rokni Haerizadeh und ihrem gemeinsamen Freund Hesam Rahmanian. In ihren Collagen und am Computer bearbeiten Bildwelten setzen sie sich kritisch mit der iranischen Politik auseinander. Zuletzt waren die Arbeiten der Haerizadeh Brueder und Hesam Rahmanian’s in einer Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich zu sehen. Haerizadeh’s Arbeiten befinden sich in namhaften Sammlungen, unter anderem im Guggenheim Abu Dhabi, British Museum, Devi Art Foundation und der Rubell Collection.
Rokni Haerizadeh, geboren 1978 in Teheran, lebt und arbeitet in Dubai. Er kritisiert in seinen Bildern und Videos die Unbeständigkeiten der iranischen Kultur. In dieser Ausstellung wird die Videoanimation „Just What is It That Makes Todays Homes, So Different, So Appealing?“ (2010-2011) gezeigt welche bereits auf der Sharjah Biennale präsentiert wurde. Die Animation besteht aus tausenden handbemalten Stills. Seine Arbeiten befinden sich unter anderem im Guggenheim, New York, Carnegie Museum of Art, British Museum, Tate Modern, Devi Art Foundation, JP Morgan Chase Art Collection und Rubell Collection.
Anahita Razmi, geboren 1981 in Hamburg, lebt und arbeitet in Berlin. Die Deutsch-Iranerin Razmi beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit Fragen der kulturellen Identität, politischen Bedingungen, Bildgedächtnis und Stereotypen im zeitgenössischen Spannungsfeld von Orient und Okzident. Anahita Razmis Arbeiten wurden u.a. in Einzelaustellungen in Dubai, Hannover und Teheran sowie in zahlreichen Gruppenausstellungen gezeigt. 2011 erhielt sie den Emdash Award der Frieze Foundation in London. Sie reist oft in den Iran, aber auch nach Japan. 2015 war sie Stipendiatin am Goethe Institut Villa Kamogawa und suchte am Beispiel iranischer Einwanderer in Japan nach Formen einer iranisch-japanischen Mischkultur.
Neda Saeedi, geboren 1987 in Teheran, besuchte dort das Kargah Honar Institut für Kunstausbildung, seit 2012 studiert sie an der Universität der Künste in Berlin. Saeedi hat bereits an einigen Gruppenausstellungen teilgenommen, u.a. 2015 On Projection, Kühlhaus, Berlin, 2014 Folkwang Museum, Essen, Kombi II, Künstlerhaus Bethanien, Berlin und 2011 Sharjah Biennial 10, Sharjah.
Ingeborg zu Schleswig-Holstein, geboren 1956 in Thumby, lebt und arbeitet in Hamburg. Die Malerin die als Andy Warhol’s Studioassistentin tätig war, beschäftigt sich in Ihren grossflächigen abstrakten Arbeiten mit Spiritualität, Musik und Poesie. Dies führte zu verschiedensten Kooperationen, unter anderem mit Robert Wilson in seinem Watermill Center, New York und mit Augustin Bloch in Hamburg. Zu Schleswig-Holstein’s Faszination mit der Poesie des Orients führte 2015 zu ihrer Teilnahme an einer Ausstellung im Rahmen des Sufi Kulturfestivals im Batha Museum, Marokko. Für „A Heritage Transposed“ entwickelt die Künstlerin eine Arbeit die vom persischen Dichter Rumi inspiriert ist. Zu Schleswig-Holstein’s Gemälde wurden in zahlreichen Gruppenausstellungen gezeigt, u.a. im PS1, New York und der Kunsthalle Bielefeld. 2004 hatte sie eine Retrospektive im Ludwig Museum, St. Petersburg.
Setareh Shahbazi, geboren 1978 in Teheran, lebt und arbeitet in Berlin. Sie lebt seit 1985 in Deutschland, verbrachte nach Ihrem Kunststudium mehre Jahre im Libanon und reist regelmässig in den Iran und nach Ägypten. In Ihrer Serie „Spectral Days“ (2013) setzt sich Shahbazi mit den Erinnerungen ihrer Kindheit im Iran der frühen 80er Jahre auseinander. Durch Montagen, Verschnitte und Überlagerungen von Photographien aus ihrem persönlichen Archiv wurden neue Bilder geschaffen die eher Traumsequenzen gleichen. Sie sind wie Flashbacks in eine Kindheit die von den politischen Entwicklungen des Landes überlagert wurde. Shahbazi hatte u.a. Einzelausstellungen im 98weeks Project Space, Beirut (2010), Contemporary Arts Forum, St. Barbara (2008) und dem Karlsruher Kunstverein (2004)., Contemporary Arts Forum, St. Barbara (2008) und 98weeks Project Space, Beirut (2010). 2015 war Shahbazi nominiert für den Abraaj Capital Art Prize.
Robert Wilson, geboren 1941 in Texas, lebt und arbeitet zwischen Watermill, NY und Berlin. ist ein US-amerikanischer Regisseur, Theaterautor, Maler, Lichtdesigner, Bühnenbildner, Videokünstler und Architekt. 1993 erhilet er den Goldener Löwe der Beinnale Venedig für die Installation “Memory/Loss” zusammen mit Hans Peter Kuhn. Ausserdem ist ein ein Mitglied der Akademie der Künste Berlin und erhielt die Goethe Medaille als auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. 1972 wurde beim Shiraz Festival (Iran) Wilsons einwöchiges Stück Ka mountain and guardenia terrace aufgeführt. In “A Heritage Transposed” wird sein Videoportrait von Farah Pahlavi gezeigt.
Das vielfältige Rahmenprogramm zur Ausstellung soll den kulturellen Austausch und Dialog fördern und mit unterschiedlichen Stimmen und Positionen die gegenwärtige Lebenswirklichkeit im Iran einfangen und in einen historischen und kulturellen Kontext bringen.
AUSSTELLUNGSZEITRAUM: 14.12.2016 - 25.02.2017
ERÖFFNUNG: 13. dezember 2016, UM 19 UHR
ÖFFNUNGSZEITEN: MITTWOCH BIS SAMSTAG 14 - 18 UHR
Out of Tehran – Podiumsdiskussion
Dienstag, 13. Dezember 2016, 20 Uhr
mit Azin Feizabadi, Künstler, Alireza Labeshka, Kurator bei KAAF, Anahita Razmi, Künstlerin, Neda Saeedi, Künstlerin, Setareh Shahbazi, Künstlerin.
Moderation: Sebastian Frenzel, Monopol – Magazin Kunst für und Leben
Kunst im Iran und der Diaspora – Künstlergespräch
Donnerstag, 2. Februar 2017
mit Anahita Razmi, Azin Feizabadi und Behzad Nejadghanbar
Moderation: Anahita von Plotho
Im Rahmen des Kulturprogramms „Die Iranische Moderne“, in Kooperation mit dem Goethe-Institut
Geflüchtete im Iran – Lesung und Gespräch
Dienstag, 7. Februar 2017
u.a. mit Dichtern des „Poetry Project Berlin“, Natalie Amiri, Iran-Korrespondentin der ARD
Begrüßung: Carolina Mojto, Direktorin Box Freiraum, und Susanne Koelbl, Initiatorin “Poetry Project Berlin”
Im Rahmen des Kulturprogramms „Die Iranische Moderne“, in Kooperation mit dem Goethe-Institut
Termine des Literaturprogramms werden in Kürze bekannt gegeben. Schriftstellerinnen und Schriftsteller reflektieren die Themen der Ausstellung vor dem Hintergrund ihrer eigenen Geschichte und ihres eigenen Werkes.